Bezirk Herford. Kaum war Jesus am Sonntag in Jerusalem angekommen, suchte er den Tempel auf. Dort sah er sich das Tempelareal genau an, so berichtet es uns Markus. Dieses Areal mit dem Tempel im Zentrum war eines der großen Bauwerke der Antike. Hier war nicht nur Anbetungs- und Opferstätte, sondern auch der Sitz des Hohen Rates, der jüdischen Regierung, ihrer Behörden und Ämter unter römischer Oberaufsicht. Herodes hatte hier ein sehr repräsentatives Areal entstehen lassen. Der Tempel war umgeben von einem großzügigen Platz an dessen Südseite eine von drei Säulenreihen getragene Markthalle, die Basilika, stand. Allein die Basilika hatte schon eine Länge von 300 Metern. Durch die Besichtigung war es am Sonntag nun spät geworden und Jesus ging mit seinen Jüngern nach Bethanien, um dort zu übernachten.
Jesus muss bei dieser Besichtigung eine andere Wahrnehmung als die übrigen Tempelbesucher gehabt haben, denn der Montag beginnt seltsam unausgeglichen. Ein Feigenbaum fällt in Ungnade, als Jesus auf dem Weg zurück nach Jerusalem Hunger hat. Obwohl zu der Zeit überhaupt keine Feigen wachsen, ist Jesus derart unzufrieden mit der Fruchtlosigkeit des Baumes, dass er ihn verflucht. Seltsam.
Und es scheint heute auch nicht besser zu werden. Kaum im Tempel angekommen, gibt es eine Auseinandersetzung mit den Geldwechslern und Taubenhändlern in der Basilika, der Markthalle. Die Geldwechsler sind Teil der Tempelbehörden. Sie wechseln „unreines“ Geld in „reines“ Geld. Mit Münzen, auf denen irgendwelche Götter abgebildet waren, durfte man die Tempelsteuer nicht entrichten und auch keine Opfergaben erwerben. Dafür musste man kultisch reines Geld bei den Wechslern tauschen. Die Taubenhändler waren dagegen für das Armenopfer, zwei Tauben, wichtig. Bei ihnen wurden die Tauben für das Sühneopfer der Armen erworben, die dann die Priester für die Pilger opferten. Jesus aber war ganz offensichtlich mit dem Vorgehen der Tempelverwaltung und dem Opferbetrieb nicht einverstanden, denn er stieß Tische von Geldwechslern und Taubenhändlern um. Außerdem störte Jesus die Abläufe auf dem Tempelareal, indem er verhinderte, dass die Geldwechsler sich mit Nachschub versorgen konnten.
Immerhin, bei aller Kritik und allem Ärger erklärte er, lehrte er, was und wie Tempel sein könnte: Ein Bethaus für alle Völker, für alle Nationen! Das war doch Gottes Wille, verkündet durch Jesaja! Und jetzt ist es eine Räuberhöhle, eine Höhle für Wegelagerer!
Aber kann Jesus hier wirklich etwas verändern? Eher nicht, denn der Tempelbetrieb geht nach dieser Störung unverändert weiter. Immerhin wird Jesus schlagartig dem Hohen Rat bekannt, aber auch vielen Pilgern auf dem Tempelareal. Er nutzt die Zeit, um zu lehren. Er bringt sich aber auch in Gefahr, denn der Hohe Rat und die Römer in der Stadt sind zur Zeit des Pessachfestes besonders nervös. Bevor etwas Größeres passiert und es einen allgemeinen Aufruhr gibt, wird man ihn lieber beseitigen! Es wird ernst, sehr ernst für Jesus von Nazareth.
Uns alle kann dieser Montag fragen: Wie steht es mit unserer Gemeinde, unserem Kirchenbezirk, unserer Kirche? Spricht Jesus uns sein uneingeschränktes Ja zu? Dieser Montag darf für uns auch ein Tag der Selbstprüfung sein.
6. April 2020
Text:
Michael Block
Fotos:
nak-west.de